Zehn Tage, 3500 km, 20 Pässe und fünf Länder….
Eine Ausfahrt in die Alpen mit Freunden stand auf dem Plan für Ende September, gerade noch rechtzeitig, bevor die Pässe über den Winter zumachen. Auch sollte es die erste große Ausfahrt mit unserem neuen 911 mit der Seriennummer 9110101621 werden, der nach zwei Jahren Bauzeit Anfang September endlich fertig geworden war. Doch kurz nach der Losfahrt am Freitag bremste uns ein Kupplungsdefekt ein und wir mussten zurück in die Werkstatt, die für die Reparatur aber einige Tagen benötigen würden. Also stiegen wir auf unseren Ersatz-Porsche um. Einen 964er Carrera 4 und gingen am Freitagnachmittag verspätet auf die Strecke nach Kals am Großglockner. Im Gradonna Mountain Resort war der Treffpunkt und Lars, Judith und Lorenz warteten schon an der Bar. Noch schnell ein Bierchen und ab ins Bett. Am nächsten Tag sollten einige Kurven genommen werden.
Was für ein Tag, Sonnenschein und blauer Himmel begleitete uns auf der ersten Etappe, die über den Staller Sattel hinunter nach Italien führte. Richtung Toblach und Cortina d’Amprezzo, wo James Bond vor fast 40 Jahren auf tödliche Mission ging. Wir hatten nichts dergleichen im Sinn, sondern genossen die schöne Landschaft der Dolomiten. Der Blick auf die Sellagruppe ist grandios. Das Pordijjoch ist mit 2239m der höchste Pass dieser Bergkette und führt über 33 Kehren hinauf und 25 hinab. Nach dem Mittagessen mit Papardelle und Steinpilzen muss Lorenz sich von uns verabschieden, ein wichtiger Termin zwingt ihn zur frühzeitigen Heimfahrt. Und so machen wir uns in den beiden 964ern weiter übers Sellajoch und hinab Wolkenstein, St Ulrich, über Kastelruth (wo die dicken Spatzen herkommen, oder wie war das??). Im Tal angekommen kommt ein erneuter Aufstieg. Eine extrem schmale Strasse führt durch eine dem Auenland der Hobbits gleiche Landschaft. Fast hätten wir die freilaufenden Hühner überfahren schon kommen wir am Tagesziel an. Das Hotel Ansitz Kematen liegt am Ortsrand von Klobenstein und man hat den herrlichsten Blick der Gegend. Direkt auf den Rosengarten, eine Bergkette die beim abendlichen Sonnenuntergang in ein liebliches rot gehüllt wird und daher seinen Namen hat, wie Judith uns aufklärt. Nach einer abendlichen Wanderung, die in einer Nachtwanderung endet und wir kaum den Weg zurück finden und einem leckeren Abendessen fallen wir ins Bett. 240 Kilometer waren geschafft und am nächsten Tag sollten es knapp 350 werden.
Hauptattraktion des Sonntag sollte das Stilfser Joch werden. Zunächst aber war die Zwischenetappe durch Bozen und vorbei an Meran zu absolvieren, bevor der Kurvenspass losging. Über 48 Kehren, teilweise extrem eng gebaut zwirbelt man sich ins Glück bzw. den Pass hinauf. Hier hatte es in der Vorwoche schon kräftig geschneit, davon war aber nur am Straßenrand und freilich auf den weißen Berggipfeln der 3000er Gletscher etwas zu sehen. Auf der Passhöhe auf 2757m angekommen machen wir Mittagspause und lassen die Carrera Motoren etwas verschnaufen. Anschließend führt eine gut ausgebaute Strasse durch eine vegetationslose Hochgebirgslandschaft hinab zum Umbrailpass auf 2503m und der Grenze zur Schweiz. Der Rest ist schnell erzählt. Wir fahren Richtung Norden nach Österreich und über den Fernpass, wo wir und nun auch von Judith und Lars verabschieden, die zurück nach Mainz fahren, während wir uns einen Ruhetag in Schwangau gönnen, um auf König Ludwigs II Spuren wandeln und seine Schlösser besichtigen.
Am Dienstag fuhren wir gut erholt zurück nach Österreich, über Lech und den Flexenpass, durch Lichtenstein in die Schweiz. Ziel war Vals, ein kleines Dörfchen am Ende eines Tales. Wir checken im schicken Hotel 7132 ein, welches an die Felsentherme angegliedert ist, die vom Architekten Peter Zumthor entworfen und 1996 eingeweiht wurde. Sie soll an einen Steinbruch erinnern, aus welchem Quader herausgeschnitten wurden. Für die Ummantelung der Mauern wurden 60000 Steinplatten aus Valser Quarzit mit je einem Meter Länge verbaut. Es ist ein magischer Ort, eine Kathedrale des Wassers und wir hatten Glück, denn es war nur eine handvoll Besucher dort, am frühen Abend, als es dunkel wurde, die spärliche Beleuchtung anging und der Dampf des warmen Wassers in die Bergluft aufstieg waren wir sogar ganz alleine. Es war eine der schönsten Erfahrungen der ganzen Reise, ein mystischer Ort der absoluten Entspannung.
Wenn man das Tal noch weiter hinein fährt, kommt man irgendwann zum Zervreila-Stausee. Das gleichnamige Dorf ging unter, als der See 1957 aufgestaut wurde. Wir machten hier am Mittwochmorgen noch kurz halt, um darauf das ganze Tal wieder zurückzufahren und über den Oberalppass nach Andermatt zu gelangen. Weiter über den 45 Kilometer langen Sustenpass, der als eine der modernsten Passtrassen der Alpen gilt. Viele Aussichtsparkplätze laden zum fotografieren ein und durchfährt man den 325 m langen Tunnel vor der Passhöhe, kann man die umliegenden Gletscher wie einen Diamantteppich in der Sonne glitzern sehen. Dann hinunter nach Innertkirchen und den Grimselpass hinauf. Am Hospitz machen wir einen kurzen Stopp, aber wir sollten hier am Folgetag nochmals vorbeikommen. Deshalb fassen wir uns kurz und weiter auf den Weg über Furkapass zum Gotthard. Es wird schon dunkel und wir wollten unser Ziel noch rechzeitig zum Abendessen erreichen. Das Gotthard Hospiz , welches aus dem Jahr 1237 stammt und erst kürzlich vom Architekturbüro Miller & Maranta renoviert wurde.
Wir hatten heute auch mit der Werkstatt in Wiesbaden telefoniert, um zu erfahren, dass unsere Kupplungsgeschädigter 9110101621 fertig ist und zur Abholung bereitstünde. Ob wir ihn wirklich geholt haben und wie wir die Reise fortgesetzte haben, erfahrt ihr im zweiten Teil des Berichts...
Fotos: Susana, Judith, Lars und Markus