Der Raketen-Fritz

Veranstaltungstipp: Automobilhistorie als Theaterkomödie.

Eine Doku-Komödie nennt Steffen Jobst sein zweites Theaterstück, das sich mit der Geschichte der Firma Opel auseinandersetzt. Letztes Jahr sahen das Stück “Der Fahrradunfall” über 5.000 Besucher in Rüsselsheim und erfuhren auf höchst unterhaltsame Weise wie die Firma Opel anfing, Fahrräder zu bauen. Das ganze natürlich in hessischer Mundart, ganz so wie Adam Opel selbst auch “gebabbelt” hat. Es geht eine bisschen zu wie bei den Hesselbachs und doch legt Jobst Wert auf historische Korrektheit. So erfuhr der Zuschauer nicht nur einiges über die aufstrebende Arbeiterbewegung der Jahre 1886, die Adam Opel das ein oder andere Zugeständnis abrang, sondern auch über die technische Begeisterung der Opel Söhne, die überhaupt erst den Antrieb dazu gaben, dass der Nähmaschinen-Hersteller erste Schritte in die Produktion von Fortbewegungsmitteln unternahm, während zeitgleich in Paris ein gewisser Gustave Eiffel sich anschickte einen über 300 Meter hohen Turm zu bauen.

Das “Verdammte Rüsselsheimer Volkstheater” führt die Familiensaga dieses Jahr in bekannt komödiantisch-historischer Art und Weise fort. Diesmal sind es des Firmengründers Sohn Wilhelm und Enkel Fritz, die im noblen Hotel Adlon in Berlin für typisches Rüsselsheimer “Dorschenanner” sorgen. Es sind die letzten Stunden vor Fritz Opels epochaler Raketenfahrt 1928 auf der Avus die sich sich sehr turbulent gestalten. Denn das Erscheinen von GM Boss Alfred P. Sloan, der Nackttänzerin Josephine Baker und einigen alten Bekannten aus Rüsselsheim sorgt nicht gerade für einen reibungslosen Ablauf der Vorbereitungen. Als wären die
wilden 20er nicht schon aufregend genug!

Der Automobilenthusiast weiß um die epochale Bedeutung dieses Zeit. Hier legte Fritz Opel zusammen mit den Raketenpionieren Max Valier und Friedrich Wilhelm Sander den Grundstein für die bemannte Weltraumfahrt. Mit 120 Kilo Sprengstoff im Rücken “flog” Opel mit 238 km/h über die AVUS. Und seinen ersten Raketenflug 1 Jahr später vorweg greifend malte Fritz Opel in seiner Rede vor dem Start bereits den bemannten Flug zu benachbarten Himmelskörpern aus. Ein technischer Visionär mit Hang zu handfesten Selbstversuchen. Das ausgerechnet auch der Verkauf der Opelwerke, damals übrigens Deutschlands größter Automobilproduzent mit einem Marktanteil von 27,5 Prozent, an General Motors mit in diese Zeit fällt ist geschickt in die Geschichte eingebunden. Denn der 1 Jahr später folgenden Übernahme gingen bereits 1928 “Sondierungsgespräche” voraus.

Das Stück von Steffen Jobst, der auf Grund seines energischen Einschreitens für die Freiheit der Kunst übrigens vom städtischen Rüsselsheimer Kulturbetrieb mit Auftrittsverbot belegt ist, ist nicht nur für Automobilenthusiasten und Opelfans eine Perle der Unterhaltung und gleichzeitig historisch lehrreich. Die Aufführungen sind am 10., 11., 12., 13., 18., 19., 20. und 21. Juli jeweils um 20 Uhr.

Aufführungsort ist der Ballsaal des traditionsreichen Hotel Adlers, Frankfurter Straße 6 in 65428 Rüsselsheim, in dem sich übrigens schon die Opel-Belegschaft noch zu Zeiten der Nähmaschinenproduktion traf. Die Vorstellungen sind schnell ausverkauft und ein rechtzeitiger Kartenerwerb sei empfohlen. Online geht das unter: Kultur 123 Rüsselsheim. Informationen zum “Verdammten Volkstheater” Rüsselsheim gibt es hier.

Text, Plakat und Pressefoto: Steffen Jobst/Das Verdammte Volkstheater
Im Bild: Autor Steffen Jobst am Steuer des RAK2 Nachbaus der Adam Opel AG, daneben Regine Schröder-Kracht, Leiterin des Verdammten Volkstheaters Rüsselsheim.