Begegnung mit der S-Klasse der frühen 1990er Jahre. Thomas Meinicke hat sich neulich einen Kindheitstraum erfüllt.
Es ist Frühjahr 1991, die Nachfolge für die erfolgreiche, aber mittlerweile in die Jahre gekommene Baureihe 126 von Mercedes-Benz, wird auf dem Genfer Automobilsalon vorgestellt: der W140. Aus dem Vollen geschnitzt, das seiner Zeit technisch Machbare, die Antwort auf den E32 aus München. Es gibt keine Nachfolge-Baureihe, bei der die Entwicklungskosten je wieder derart untergeordnete Rollen gespielt haben.
Die beste S-Klasse aller Zeiten konnte aber leider nicht an die Erfolge des Vorgängers anknüpfen. Zu groß, plump, protzig, auf dem Autozug nach Sylt nur auf den LKW-Waggon passend. Dazu kam die Wendezeit, der Golfkrieg. Hat sie in Deutschland nie richtig Fuß gefasst, wurde sie im Ausland von der Käuferschicht gefeiert und freut sich dort auch heute noch großer Beliebtheit. Laut KBA sind derzeit noch knapp 6000 Limousinen auf deutschen Straßen unterwegs. Als im Frühjahr 1998 der W220 die Nachfolge antrat, hat sich Wolfgang Peters von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu Wort gemeldet: “Das Ende des guten Patriarchen. Sentimentaler Abschied: Die S-Klasse war immer besser als ihr Ruf.” Im Nachruf heißt es unter anderem: “Denn kein anderes Auto bot höheren Fahr- und Federungskomfort, und kein anderer Wagen in dieser Größenkategorie ließ sich ähnlich sicher und gleichzeitig agil bewegen. Die S-Klasse war ein Riese, dem man das Tanzen auf den Zehenspitzen beigebracht hatte. Die neue S-Klasse wird ja schlanker und ranker: Uns fehlt der Dicke schon jetzt.”(Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 25.08.1998)
Ich war gerade 10 Jahre alt, als der W140 auf den Markt kam. Ich war fasziniert von der Größe, der Sicherheit, der Technik, der Unerreichbarkeit. Er hat mich seitdem nicht mehr losgelassen. Seitdem ist 26 Jahre her… bisher siegte der Kopf, jetzt hat der Bauch zugeschlagen. Herzlich willkommen, Dicker!
Text: Thomas Meinicke