IAA Frankfurt 2015

Messerundgang

Frankfurt, IAA, viele Premieren, viele Hallen, viel zu Schauen. Bei BMW geht es los, der neue 7er steht im Rampenlicht. Firmen-Chef Harald Krüger bei der Pressekonferenz auch und erleidet nach wenigen Minuten eine Kreislaufschwäche und kippt um. Nichts Schlimmes, aber nach kurzer Ratlosigkeit wird die Präsentation abgesagt und auf später verschoben. Ich nehme den Shuttle und mache mich auf zum anderen Ende des riesigen Messegeländes. Besser gut gefahren, als gut gelaufen. Der Tag ist ja noch lang. Um 9:30h beginnt dann der bombastische Auftritt von Mercedes-Benz in der Festhalle. Die Schwaben haben allerlei neue Modelle mitgebracht und schieben sie nach und nach auf die Bühne, jeweils begleitet von Live-Musik, riesigen Bildprojektionen oder fliegenden Kugel-Drohnen. Das neue C-Klasse Coupe, das Smart Cabrio und das S-Klasse Cabriolet. Besonders stolz ist man auf das Concept IAA (Intelligent Aerodynamic Automobile), ein viertüriger Aerodynamik-Weltmeister. Durch bewegliche Anbauteile verbessert sich der cw-Wert ab einer Geschwindigkeit von 80km/h von 0,25 auf 0,19. Weltrekord! Das mit nur 10 Monaten am schnellsten entwickelte Mercedes Concept Car EVER! Stilistisch erinnert das Heck mit seiner Abrisskante und den Lamellen entfernt an den Jaguar XK220 aus den frühen 90er Jahren. Auch scheinen sich die Designer bei einigen extravaganten Details und der extrem runde Formensprache, die wir schon am Concept F015 und dem Mercedes Vision Gran Tourismo sehen konnten, von den Renault Konzepten Ondelios (2008) oder Dezir (2010) inspiriert zu haben. Der frische Formen-Wind steht dem Schwaben aber ausgesprochen gut und bringt die Marke stilistisch voran.

Einen ähnlichen Weg geht Porsche und reduziert die Form seines Concept Mission E konsequent auf das Wesentliche und überträgt die Design-DNA des 911 in die Zukunft. Der rein elektrisch betriebene Viertürer wirkt extrem kompakt und soll für 250 km/h und eine Reichweite von 500km gut sein. In 5 Jahren wäre die Technologie evtl. so weit…wartens wirs ab. Das krasse Gegenteil ist der Bugatti Vision Gran Tourismo, der für das gleichnamige Videospiel entworfen wurde und den so Millionen von Fans fahren können. Gespickt mit schönen Details möchte man ihm trotzdem das Spoiler-Lametta vom Baum nehmen um die pure Form zu sehen und einen Ausblick auf das künftige Design der Marke zu erhaschen. Bei Bentley steht das Riesen SUV Bentayga und wird den russischen, saudiarabischen oder chinesischen Kunden sicher gut gefallen. Wenn nicht, kann man bei Jaguar zum F-Pace greifen oder sich etwas einschränken und den zwei Nummern kleineren, ebenfalls neuen VW Tiguan nehmen. Opel setzt alles auf den neuen Astra und Renault zeigt den etwas dicknasigen Megane. Kia den knuffigen Sportage, Alfa Romeo die Giulia, der etwas Feinschliff und Liebe fehlt. Der teigigen Außenhaut fehlt Schärfe und Präzision, die eine oder andere Kante hätte ihr gut zu Gesicht gestanden. Das Interior ist dafür umso besser gelungen. Bei der eingeschlafene Marke Borgward stehen sehr viele Besucher und der Hoffnungsträger namens BX-7 am Stand. Man muss sich schon fragen, wer oder warum man das Ding kaufen sollte. Das Geld für das Projekt kommt aus China und dort werden wohl auch die Kunden sein. Grosse Stückzahlen dürften für Europa nicht zu erwarten sein.

Showcar-mässig gab es einiges zu sehen, allen voran bei den Japanern. Gut gefallen hat mir das extrem schnittige Crossover-SUV Konzept Koeru, das man sich so auch in Serie vorstellen könnte. Etwas extravaganter und mit allerlei Gimmicks,  Zweifarblackierung und Flügeltüren kommt der Nissan Gripz daher. Ähnlich extrem geschneidert wurde der Toyota C-HR. Alles erscheint ungewöhnlich, Hohe Front, auf ein Minimum reduzierte Fensterfläche, schräge Heckscheibe, schlitzförmige Scheinwerfer, abgehacktes Heck mit aufgesetzten Leuchten. Wie schon Bugatti zeigt auch Hyundai einen Vorschlag für das Videospiel Gran Tourismo mit Namen N 2025. Das rein elektrische Fahrzeug ist noch im Konzeptstadium und ebnet den Weg für die neue „N“ (Namyang)- Sub Marke, die -ähnlich wie AMG bei Mercedes- den Performance Bereich abdecken soll. Die meiste Frische versprühte jedoch Citroen. Der Aircross wurde zwar schon in Shanghai gezeigte und hat nur Europapremiere, er ist jedoch ein opischer Augenschmaus. Stark aber nicht aggressiv steht er auf den riesigen Rädern, ultramodern wirkt der mit geometrischen Formen strukturierte Innenraum, der mit weißem Leder, grauem Filz und orange-bunten Strick-Stoffen ausgelegt ist. Gleich daneben ist der Cactus M der Hauptdarsteller in der Produktpräsentation. Sommerlich bekleidete Jungs und Mädels singen oder hüpfen um das vom kultigen Plastikauto Mehari inspirierte Fahrzeug und erklären die Funktionen. Hit ist das aufblasbare Zelt, welches sich ans Heck anschliesst. Mag der Vergleich zum Mehari aufgrund der schieren Größe des Cactus etwas hinken, so ist doch die Leichtigkeit und Unbeschwertheit des Konzepts und des gesamten Markenauftritts sehr wohltuend und unterscheidet sich gänzlich von dem aller anderen. So mit guter Laune, Farbe und Sonne aufgeladen, können wir beruhigt in die kalte Jahreszeit gehen…

IAA

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